China - Von Gebetsfahnen und Wolkenkratzern



Lange hat es nicht mehr aus dem Osten gefunkt. Die Intensität unserer Reiseeindrücke aber auch Faulheit haben den Fernfunk besetzt, die Autoren als Geiseln genommen und den Funkmasten lahmgelegt.


Nach dem langwierigen gewaltfreien Widerstand, der schließlich in Befreiung fruchtete, überschauen wir nun den entstandenen Schaden. Den Rückstand aufzuholen, ist eine zu große Aufgabe für unsere unterbezahlte Belegschaft und so müssen wir uns damit begnügen, zwei Monate Chinaaufenthalt in einer kommentierten Bilderserie mit anekdotenhaften Auswüchsen zu präsentieren. Es sind Ausschnitte, momenthafte Eindrücke, Übertreibungen und Understatements, die niemals der Ganzheit des Reichs der Mitte genüge tun könnten. Aber es ist so nah wir eben herankommen können.

Beijing

Von den ursprünglichen und wilden Steppen der Mongolei katapultierten wir uns binnen weniger Tage in den modernsten Ort, den wir je gesehen haben. Wir haben daher in den historischen Sehenswürdigkeiten Zuflucht gesucht in der Hoffnung auf einen etwas sanfteren Übergang von Steppenstille zu Großstadtlärm.

Ein Blick auf die Verbotene Stadt von Außerhalb. Die Verbotene Stadt dient für über 500 Jahre als Sitz für chinesische Imperatoren.


Ein Blick nach oben und man verliert sich in unzähligen kunstfertigen Details.


Mythische Gestalten bevölkern die Dächer der großen Kaiser-Götter


Ausgedehnte Fahrradausflüge auf makellosem Bejing-Asphalt. Zwar sind Fahrräder nicht mehr das dominierende Transportmittel auf den Straßen Bejings, dennoch sind sie noch immer integraler Bestandteil des Stadtbildes. An jeder U-Bahnstation aber auch an jeder Straßenecke stehen Dutzende Fahrräder zur App-Ausleihe bereit. 


Tiannanmen Platz mit Ausblick auf das Mausoleum von Mao. Mao wollte zwar nach seinem Tode bestattet werden, doch Die Partei hatte andere Pläne. Ein resiger asphaltierter Platz, den man kaum überschauen kann, ein Großaufgebot von Soldaten und noch mehr chinesischen Flaggen, Labyrinthe aus festen und beweglichen Zäunen, strenge Gepäck- und Ausweiskontrolle geben dem Platz eine eher angespannte Atmosphäre.


Nicht das einzige an den vielen Zäunen leidende Lebewesen in Beijing


Turm mit Nippel, oder auch: Der Tempel des Himmels - der Ort an dem eine lange Reihe chinesischer Kaiser in äußerst prunkvollen und komplexen Ritualen die Gunst der Götter ersuchten, um gute Ernten für ihre Untertanen zu erfeilschen


Mehr Chinesen - mehr Wohnraum, mehr Wirtschaftswachstum -  mehr Smog


Nach dem eher kargen Essen in der Mongolei freuen wir uns täglich über frisches Obst und Gemüse. Chinesisches Essen ist lecker, günstig und unglaublich abwechslungsreich.Waren wir mal frustriert von nicht funktionierender Kommunikation (Zeichensprache hilft leider auch kaum), so hat uns eine Schale grandios guter Nudelsuppe stets gewärmt und besänftigt.

Ein Ausflug auf die Große Mauer 

Natürlich wollten wir uns nicht entgehen lassen, der berühmten Chinesische Mauer (oder einem ihrer vielen Abschnitte) einen Besuch abzustatten. Es gibt unzählige Abschnitte, die für den Tourismus hergerichtet sind und das bedeutet in China leider zu oft: Gesalzene Eintrittspreise, Menschenmassen, unzählige Verkaufsstände von nutzlosem Quatsch und - besonders schade - totrestaurierte teilzementierte super neu aussehende Mauern, die mehr mit einer Disney-Märchen-Wunschvorstellung zu tun haben als mit historischer Akkuratesse.

Nun ist die chinesische Mauer nicht eine Mauer, sondern ganz viele, die teilweise zu unterschiedlichen Zeiten erbaut wurden. Es gibt es so viele Kilometer chinesischer Mauer, dass selbst chinesische Bauwut noch nicht an jedes Hand anlegen konnte. Wir haben uns natürlich für ein unrestauriertes Stück entschieden, das noch in Ruhe vor sich hin bröckelt, und blieben von all den oben genannten Plagen verschont. Stattdessen fanden wir Einsamkeit, Aussichten und eine neue Wanderart: das vertikale Wandern. Statt Stufen und Treppchen, gibt es steile Kletterpassagen, die nur mit beiden Händen uns zu erklimmen bestimmt waren.




Tibet - ein ganz anderes China (Westliches Sichuan)

Im Jahre 1951 wurde das Tibetische Gebiet nach nur kurzer Eigenständigkeit netterweise von der Volksbefreiungsarmee Chinas vom "britischen imperialistischen Joch" befreit und erneut ins große chinesische "Mutterland" eingegliedert. Dabei wurde das Gebiet Tibets aufgespalten in das uns am ehesten bekannte Kerngebiet Tibet (Provinz Xizang) und kleinere Restgebiete, die in andere chinesische Provinzen integriert wurden. Während Reisen in das tibetische Kerngebiet eine Sondergenehmigung der Regierung und eine Begleitung durch eine chinesische Reiseagentur erfordern, sind die anderen keinen Reiserstriktionen unterlegen. 

Das war unsere Chance, denn statt wohlinsziniertem Staatsteather wollten wir doch lieber den Menschen und Traditionen auf eigenem Fuß begegnen. Unser Ausflug in die ethnisch tibetischen Teile Sichuans entpuppte sich als eine der bewegendsten Reiseerfahrungen, die wir bisher erleben durften. Tausende Höhenmeter trennen die Tibeter von der Weltlichkeit und entrücken all ihr Streben dem irdischen Sinn. Im selben Moment, in dem wir unsere Füße in diese unbeschreibliche Bergregion gesetzt hatten, stellte das Gefühl ein an einem ganz besonderen Ort zu sein. Ein bisschen wie als Kind vorm Weihnachtszimmer auf die Bescherung zu warten, ein Gefühl von Festlichkeit, Vorfreude auf ganz Unbestimmtes und Entzückung...selbst beim Schreiben bekommen wir Gänsehaut.

Die Stupa enes malerisch in den Bergen gelegenen Temples.


Selbst bei grauem Himmel strahlen die goldenen Dächer der vielen Tempel.


Garuda - mystische Figur des tibetischen Buddhismus


Gebetsstätte und sozialer Treffpunkt - die Tempel sind in vielerlei Hinsicht Zentrum des tibetischen Lebens.




Gebetsflaggen und begeisterter Jonathan. Mit vom Winde verwitterten Fäden steigen auch die Gebete der Menschen in den Himmel.


Trampen in Tibet: auch die Autos sind mit buddhistischen Symbolen dekoriert und manchmal legt der Fahrer nicht einmal beim Fahren seine Gebetskette aus der Hand


Beim Trampen von einer kleinen Stadt in die nächste nimmt uns eine Gruppe von Hochzeitsgästen mit. Auf dem Foto machen wir gerade eine Pause, weil das altersschwache Auto die verschneite Bergstraße nicht mehr erklimmen konnte und Schneeketten angelegt werden mussten. Die Dame auf dem Bild schaute sich die gesamte Fahrt (und auch die kurze Pause über) Videos von betenden und singenden Mönchen an, die sie auch uns nur zu gerne und sehr stolz zeigte. (In der anderen Hand natürlich die Gebetskette) 




Ältere Frauen auf dem Weg zum Tempel, in ihren Händen drehen sie fleißig an ihren Gebetsmühlen - eine wunderbare Erfindung, die es erlaubt, das gesprochene Gebet zu vervielfachen.


Dekoration der Tempeltüren


Kleiner Mittagssnack. Wie man sieht tragen tibetische Frauen kleine Kinder auf dem Rücken und ihre Schals statt um den Hals gleich um den ganzen Kopf gebunden. Im Hintergrund ein Mann mit einer von gefühlt 1000 verschiedenen und zum Teil kuriosen tibetischen Kopfbedeckungen. Noch weiter im Hintergrund: alle drei Meter chinesische Flaggen, denn das "Mutterland" muss hier besonders Präsenz zeigen (Man könnte ansosnsten glatt vergessen, dass man sich noch auf chinesischem Staatsgebiet befindet.)


Junger Mönchsdiener strahlt vorm Kloster


Auf 5000 Metern machen wir halt für eine Aussicht und einige Gebete.

Yunnan - das 'ursprüngliche' China

Yunnan ist wie China flächendeckend vor einigen Jahrzehnten war. Alles, was an buntem Essbaren auf dem Markt zu erstehen ist, findet man blühend wachsend auf den Feldern der Provinz Fischer ziehen mit Bambusstangen durch die Seen und Farmer mit der Hacke durch die Felder. Mit einem großen Anteil ethnischer Minderheiten ist die lokale Folklore vielfältig, farbenprächtig und reich an handwerklicher Tätigkeit.

Statt Motor gibt es Bambusstangen und Paddel zum Antrieb und Lenken.

Eine Wandertour auf 4100 Metern überrascht mit Einsamkeit und träumerischer Aussicht.


Ein weiter Weg über die Spitzen und ein noch viel weiterer den Berg hinunter. Um diesen Wanderweg zu laufen, mussten wir über mehrere Zäune klettern und unzählige Verbotsschilder missachten. Er ist nämlich für Besucher gsperrt. Wie so oft in China ist das Argument: Sicherheit. Der Weg ist viel zu gefährlich, denn er ist weder zementiert, noch mit Treppen und Geländern versehen, also nach chinesischer Auffassung absolut unzumutbar. (Der Weg war übrigens in besserem Zustand als so mancher Wanderweg in Europa.)


In einer kleinen Straße in einem Dorf sehen wir die beiden bei der Arbeit. Wir bleiben stehen und beobachten: Was tun sie da? Unsere chinesischsprachige Begleiterin erklärt: die stellen eine Bettdecke her. Man nehme ganz viel Baumwolle, fädle Baumwollfäden drunter und drüber, verbinde diese dann miteinander und fertig ist eine Bettdecke. Die beiden zusammen schaffen zwei Decken am Tag. Ob die Decken in Deutschland nicht auch so hergestellt werden würden, hier hätte jeder so eine. Hmm...nein. In Deutschland wäre allein die Arbeitszeit kaum bezahlbar und überhaupt wird eigentlich fast nichts mehr so aufwändig per Hand hergestellt. Einmal erneut ist China ein Land von krassen Gegensätzen: Menschen die zum Beispiel gar nicht mehr wissen, dass man auch mit Bargled bezahlen kann und Apps mit denen man sich binnen weniger Minuten einen Welpen kaufen kann, wenn man einsam ist. (Der wird übrigens auch sofort nach Hause geliefert.) Und auf der anderen Seite gibt es Bereiche, in denen einfach so gut wie keine Modernisierung und Automatisierung stattgefunden hat.


Genügsame Gesellschaft beim Spazierengehen. Wasserbüffel sind nicht nur Fleischquelle, sondern auch nützlich fürs Reisfeldpflügen.


Über den Wolken und unter den Wolken. Unser Versuch, einen Sonnenaufgang über Reisterassen zu sehen.


Irgendwann schaffen es doch noch ein paar Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke


Unzählige organische Formen. Die Reisterassen wurden über Jahrzehnte von der umliegenden Bevölkerung angelegt, um in der ansonsten bergigen Region Anbauflächen zu schaffen. Dabei ist auch eine einzigartige Landschaft entstanden, die heute viele Besucher anzieht.

Guangxi

Guangxi liegt im Süden Chinas, direkt neben Yunnan. Ähnlich wie Yunnan ist es auch ein weniger entwickelter Teil Chinas, in der große Teile der Bevölkerung noch von Landwirtschaft leben. Zusätzlich gibt es in Guangxi die berühmten Karstlandschaften, die in China quasi Nationalsymbol sind und sich auf Vasen, Häuserfassaden und auch auf den Geldscheinen finden lassen. 


Sonnenaufgang über der berühmten Karstlandschaft.

 

Hier nochmal die Karstlandcshaft im Hellen.. In der ansonsten eher flachen Landschaft schießen wie aus dem Nichts riesige Felsbrocken aus den Boden.

 
Übung für kommenden Abenteuer, aber dazu beim nächsten Mal mehr...


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