Myanmar - The Golden Land



Auf der anderen Seite der kambodschanischen Grenze erwartet uns mit Thailand das wohl bekannteste und bei internationalen Touristen beliebteste Land Südostasiens.

Während es für viele Reisende Traumziel und entspannten Mix aus Strand und fremder Kultur bedeutet, übernimmt Thailand für uns (zumindest auf dieser Reise) die undankbare Aufgabe eine Transitlands.

It's Bangkok, Baby!

Keineswegs eingeschüchtert von der Rolle als Randnotiz präsentiert sich Thailand schnell von der besten Seite. Freundliche Gesichter, hilfsbereite Menschen und selten eine Wartezeit von mehr als 5 Minuten für den nächsten Ride bringen uns in Windeseile in das hektische Chaos Bangkoks. Hupen schrillen, Motorräder und Autos quetschen sich in engen Straßen, Hochhäuser und Einkaufszentren protzen den Vorüberschlendernden mit Weltkonzernsnamen in Großbuchstaben.

Bangkok ist so etwas wie das große Wohnzimmer der internationalen Reisegemeinschaft. Führten früher alle Wege nach Rom, ist heute Bangkok das unangefochtene Planungszentrum für Erkundungswütige, Treffpunkt für Neulingstouristen und mit Spiegelreflexkameras bewaffnete Seitengassenstürmer auf der Suche nach dem Photo, das sich auf Instagram verwerten lässt. Somit hätten wir ja eigentlich kaum überrascht sein sollen, als ein russischer Freund, zuletzt in Sibirien gesehen, uns mit Kaffeetasse in der Chillout-Area des Hostels begrüßt.

Mit ihm zieht es uns raus aus der Hektik an den thailändischen Strand - wir glaubten zum letzten Mal für lange Zeit - wo wir in einem unbebauten Waldstück neben den großen Strandresorts die Wellen genießen. Der unweit entfernte Lokalmarkt trumpft auf mit fetten Mangos, beständig gutem Pad-Thai und einer Offenbarung an Vanille-Creme-Doughnuts, einer lang vermissten Annehmlichkeit.

Der Strand bei  Hua Hin

Wolkenverhangener Morgenhimmel


Kontrastierend zu diesen feinschmeckerischen Glücksgefühlen erreicht uns die Nachricht unseres Langzeit-Intervall-Begleiters und Motorrad-Club-Buddies Jaspar (inzwischen auch in Bangkok): sein verstauchtes Knie stellt sich als Miniskusband-Riss heraus und er muss die sofortige Rückreise nach Deutschland per Flug antreten...Wir packen unsere Badehosen zurück in die Rucksäcke und treffen ihn in der Großstadt. Ein paar gemeinsame Flaschen Bier und Skat-Runden verdrängen das Unglück. Auf unserem angeheiterten nächtlichen Streifzug, kommen wir an einem erleuchteten, aber völlig leeren Kultur-Café vorbei. Ganz klar das Schicksal will uns etwas sagen! Der entspannte Besitzer mit Faible für Old-School-Techno und Connections zur alten deutschen Techno-Grande lässt uns ein. Der neue DJ darf seine Künste an unserer Drei-Menschen-Menge erproben und gemeinsam hopsen wir unsere Abschiedstänze.

Myanmar - The Golden Land

Die Zeit drängt uns ins Nachbarland Myanmar, denn die (vermeintliche) Erleuchtung erwartet uns in einem langfristig gebuchten Meditationskurs.

Wer oder was ist ein Myanmar?

Myanmar (früher Burma genannt) ist das wohl touristisch unerschlossenste Land Südostasiens. Das liegt vor allem an seiner Historie an harten Militärdikaturen, die mehr oder minder gewaltvoll die zahlreichen Separationsbewegungen der ethnischen Minderheiten unterdrückt (hat). Dafür gab es lange Zeit wirtschaftliche Sanktionen aus dem Westen, die die ökonomische Entwicklung und den allgemeinen Lebensstandard gehemmt haben. Weitere Aufrufe zu Reiseboykotts und eine restriktive Politik bezüglich Reiserouten und Unterkünfte ließen das Land weitgehend unter den Tourismusradar fallen. Das ändert sich radikal seit der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi 2011 eine Rolle in der Politik zugesprochen wurde (unter Oberaufsicht der weiterhin herrschenden Militärs).

Myanmar fällt uns besonders durch seine stark ausgeprägte Religösität ins Auge. Fast 90% der Menschen sind Buddhisten und geben der "myanmaresischen" Kultur deutlich erkennbare buddhistische Züge.  Stolz verweist das Land auf seine geschichtlichen Rolle als Bewahrer der ursprünglichen Buddha-Meditationsart Vipassana. Atemberaubende Tempelanlagen dienen als Pilgerstätten, Sehenswürdigkeiten und soziale Treffpunkte. Nicht nur ist der Anteil von Mönchen an der Gesamtbevölkerung höher als in jedem anderen buddhistischen Land, sondern auch der Anteil des Einkommens, der für Religion ausgegeben wird, sucht weltweit seinesgleichen.

Der Buddhismus hat für die Menschen vor allem Alltagsrelevanz. Häufig sieht man Menschen spenden oder helfen für spirituelle Verdienste (Merit-Making). Hat man genügend gute Taten vollbracht, ist die Wiedergeburt unter besseren Umständen quasi vorauszusehen. Die Kinder und Jugendlichen werden für ihre Ausbildung in Klöster geschickt und Erwachsene nehmen sich eine Auszeit im Klosterjahr. Genügend Kontakt mit der religiösen Seite des Lebens gibt es also.
Mönche und Nonnen von 3 bis 80 Jahren gehen Tag für Tag mit ihrem Betteltopf aus, um Essen und Geld zu erbetteln. Die werktätige Bevölkerung ist (entsprechend ihrer finanziellen Großzügigkeit) gern gesehener Abendgast zum Beten im Kloster. Wer in der Gesellschaft aufsteigen oder seinem Nachbarn eins auswischen möchte, spendet einen hohen Betrag und bekommt eine entsprechende Würdigung durch Spendentafel im Meditations- und Betraum.

Aber nicht alle Menschen im Land sind Buddhisten. Im Norden Myanmars lebt seit dem 15. Jahrhundert die kleine ethnische und religiöse Minderheit der muslimischen Rohingyas. Das buddhistische Myanmar und seine Militärdiktaturen tun sich schwer mit der Minderheit. Wiederholt sehen sich die Rohingyas der Diskriminierung und Verfolgung ausgesetzt und gar routinemäßig wird ihnen das Existenzrecht vollends aberkannt. 2017 setzte eine ganz andere Seite des sonst so friedlichen Buddhismus die Welt in Bestürzung. Hunderttausende Rohingyas fliehen vor Soldaten der Armee, die ihre Dörfer niederbrennen, Frauen systematisch vergewaltigen und Menschen willkürlich erschießen, um Angst zu schüren und den Widerstand gegen ihre Vertreibung zu brechen. Eine gewaltige Fluchtwelle brach los, vor allem ins muslimische Nachbarland Bangladesh. An der Spitze der anti-muslimischen Bewegung steht der buddhistische Möch Ashin Wirathu. Mit öfftenlichen Hetzreden heizt er die Stimmung auf und bezieht sich auf Muslime gerne als mad dogs (etwa: tollwütige Hunde).

Nach dem Höhepunkt der Verfolgung 2017 stellt sich in den letzten Jahren eine täuschende Ruhe ein. Viele Rohingyas sind im Exil in den Flüchtlingscamps Bangladeshs und würden einen Teufel tun sich wieder in die Arme ihrer Häscher zu begeben. Die Diskriminierung der verbliebenen Rohingyas setzt sich bis heute fort, nicht jedoch in so erschreckendem Maße. Was man allerdings als alltäglicher Tourist vom Buddhismus zu hören bekommt, ist die friedliche Seite: das wohltönende Chanting (Singen) der Mönche und die klingenden Becken ihrer Zimbeln.

Yangon - ein bunter Mix

Übers burmesische Hinterland gelangen wir in die De-facto-Hauptstadt Yangon. Und wow ist das eine Stadt! Auf den geschäftigen Straßen tummeln sich traditionelle Burmes*innen in Longyis (Wickelrock getragen von Männern und Frauen) oder westlicher Kleidung neben orthodoxen langbärtigen Muslimen in weißen Jubbahs (langes Gewand) und Taqiyah (Kopfbedeckung), indischen Sikhs mit grell-orangen Dastars (Turbanen) und den gelegentlichen Hindu-Damen mit rotem Punkt auf Stirn und Haaransatz in bunten Saris (langes Wickeltuch). Die Luft ist ein Gemisch aus burmesisch-indischer Gewürzvielfalt, Abgasen und dem penetrant fauligen Geruch der allgegenwärtigen Betelnuss. 

Eins davon und eins davon, bitte. Machen sie zwei draus!

Die Betelnuss ist so etwas wie eine Partydroge ohne Party - besser: der Alltag wird zur Party. Kleingehackt mit Tabak vermischt und in ein Blatt gehüllt, wird die Betelnuss in die Wange gestopft, wo ihre psychoaktive und euphorisierende Wirkung langsam frei gesetzt wird, bis die Überbleibsel in einer roten Fontäne auf Gehweg, unachtsame Füße und Laternenpfahl gespuckt werden. Ziemlich ekelhaft... Da etwa die Hälfte aller Straßenstände die Droge verkaufen, erfreut sich diese zahnzerstörende allzeit erreichbare Freizeitbeschäftigung großer Beliebtheit. Kaum ein Grinsen ist zu sehen, dessen rot-schwärzlich faulende Zähne nicht abschreckende Wirkung auf sensible Touristen zeitigt, und kaum ein Straßenverkäufer, dessen Gestik, Mimik und Augen denen der Klubszene Berlins nicht Kokurrenz machen könnte.

So sieht dann ein sympathisches Betelnuss-Lächeln aus
(Foto: https://scottbrownscerebralcaffeine.wordpress.com/tag/oral-or-mouth-cancers-and-betel-nuts/)
Und so sehen die Überbleibsel an allen Straßenecken Yangons dann aus
(Foto: Anna Frodisiak)


Das Chaos endet an der Haustür unseres Couchsurfing-Gastgebers Ali. Geboren in Pakistan, gearbeitet in Afghanistan, Nigeria, Kongo (D.R.C.) und jetzt Myanmar, ist Ali ein unheimlich bodenständiger und sympathischer Mensch mit einem bunten Sammelsurium an Geschichten. Ali gibt uns in seinem schnieken Appartement ein eigenes Zimmer mit dringend benötigter Klimaanlage. Seine Hausangestellte versorgt uns mit Abendessen und die Wohnung mit lange nicht gekannter Sauberkeit. Unser Rating: Couchsurfing auf höchstem Niveau ;)

Die Aussicht aus unserem Couchsurfing-Domizil

Doch der Ernst des Lebens (und spirituellen Fortlebens) führt uns fort hinter die stillen Mauern eines Meditationszentrums.

Vipassana: ein Abstecher in die Sphären der Erleuchtung und des drohenden Wahnsinns

Für Julia ist es ein lang gehegter Wunsch, für Jonathan eher eine spontane Herausforderung. Vipassana-Kurse werden in vielen Zentren weltweit zu immer gleichen Bedingungen angeboten. Das Angebot des Zentrums besteht darin, die Technik der Vipassana-Meditation zu erlernen, die angeblich dieselbige ist, die dem Buddha vor 2.500 Jahren die Erleuchtung einbrachte. Sie ist der Menschheit für lange Zeit verloren gegangen. Nur in einigen Klöstern Myanmars ist sie durch die Überlieferung von endlosen Generation ergebener Mönche erhalten geblieben bis sie vor ca. einem Jahrhunder wiederentdeckt worden ist. Diesmal sei die Zeit gekommen, dass die Technik sich über die ganze Welt verbreitet um allen Menschen - unabhängig von Ethnie und Religion - Erlösung von ihren Leiden zu bringen. Soweit die Geschichte. 

Rituelles Buddha-mit-Wasser-begießen (?) an der Shwedagon Pagoda

Goldene Pracht und Getummel von Gläubigen



Die Kurse sind kostenlos (auf Spendenbasis) und dauern 10 Tage, denn das sei die minimale Frist, um die Technik zu begreifen und ihr eine faire Chance einzuräumen, Wirkung zu zeigen. Für die 10 Tage wird man im Zentrum untergebracht und mit zwei Mahlzeiten tägich versorgt (nach 11:30 Uhr wird nicht mehr gegessen). 

Im Gegenzug dafür gibt man nichts Geringeres auf als seinen freien Willen, sein Selbstbestimmung und Freiheit. Für 10 Tage muss man einem strikten Zeitplan einhalten, nachdem der Tag um 4:00 Uhr morgens beginnt und insgesammt fast 11 Stunden Meditationszeit umfasst. Der Gong, der die einzelnen Sitzungen einläutet und ausläutet ist Gesetz und strukturiert das gesamte Dasein. Es herrscht komplette Geschlechtertrennung und Nobles Schweigen, was so viel bedeutet, dass man nicht nur nicht Sprechen, Lesen oder Schreiben darf, auch Augenkontakt, sonstige nonverbale Kommunikation und Berührungen jeglicher Art sind tabu. Jede*r Meditierende soll das Gefühl in sich kultiviern, in vollkommener Isolation zu arbeiten. Man willigt bei Einschreibung und zu Beginn des Kurses mehrfach ein, dass man den Kurs nicht vor Ablauf der 10 Tage verlassen darf und dass man sich für diese Frist vollkommen den Anleitungen des Lehrers und der Technik unterwirft. Spätestens nach diesem Satz klingt das doch sicherlich ein wenig gruselig - und das war es auch, in Teilen zumindest!  

Unsere Zuflucht, unser Gefängnis, unser Weg zur Erleuchtung?


Unsere Reise zur spirituellen Reinigung bedeutete erstmal, 11 Stunden täglich auf einer variablen Anzahl von Kissen in der Dhamma-Halle zu sitzen. Und während wir die ersten zwei Tagen noch daran glaubten, durch eine magische Kombination von Kissen irgendeine Sitzhaltung zu finden, in denen wir das Ganze halbwegs schmerzlos überstehen könnten, mussten wir recht bald einsehen, dass Schmerz - ziehender, pochender, brennender Schmerz - ein zentraler Bestandteil dieses Experminets werden sollte. Der Menschlihe Körper ist einfach nicht dazu geschaffen, 11 Stunden am Tag auf dem Boden zu sitzen und sich so wenig wie möglich zu bewegen und er wehrt sich dagegen. Nur hilft es halt nichts, weil der Körper hier nichts zu sagen hat, der Gong hat alle Macht und er ist erbarmungslos.

In den ersten drei Tagen mussten wir uns dabei nur auf unseren Atem konzentieren, ganz einfach also. Nicht denken, nicht alte Chart-Hits im Kopf singen, nicht in Erinnerungen schwelgen, nur den Atem beobachten. Klingt einfach, ist aber zunächst nahezu unmöglich un die Absurdtät der Dinge, an die einen die eigenen Gedanken tragen, ist schwer wiederzugeben. Von völlig zufälligen Kindheiterinnerungen von Gesprächen mit Mitschülern in der ditten Klasse bis zu der Farbe für das Kaffeeservice, das man irgendwann mal haben möchte oder auch nicht, der Verstand hat alles versucht, um dieser seiner Zähmung dienenden Übung zu entkommen. Aber irgendwann war die Zähmung erfolgreich und es war ein zutiefst befriedigendes Gefühl zu sehen, wie der Verstand sich binnen kurzer Zeit transformierte von zusammenhangsloser und unkontrollierbarer Gedankneraserei zu einem ruhigen und klaren Fokus, völliger Konzentration und man könnte fast sagen Entspannung, wäre da nicht noch immer dieser schreiende Schmerz.

Diese Konzentrationsfähigkeit war die Vorausseztung, die eigentliche Technik des Vipassana zu erlernen. Vipassana beinhaltet, seinen Körper von Kopf bis Fuß Stück für Stück zu scannen und die Empfindungen an dieser Stelle zu beobachten. Wenn man ein wenig Training darin hat, spürt man sanfte angenehme Vibrationen an großen Teilen des Körpers und Schmerzen und Spannung etc. an anderen. Schafft man es Gleichmut gegenüber all diesen Empfindungen aufzubauen -  also die angenehmen nicht herbeizusehnen und die unangenehmen nicht wegzuwünschen - dann hat man den Schlüssel in der Hand, um sich nach buddhistischem Konzept von all seinen Leiden und zu befreien. Verstärkt weden soll diser Lernprozess durch Sitzungen des starken Willens: drei Mal am Tag sollen wir eine Stunde meditieren, ohne uns zu bewegen. Das klingt deutlich einfacher als es ist. Die vorher schon vorhandenen Schmerzen intensivieren sich enorm und hinzu kommen alle möglichen Gefühl des Unwohlseins. Schafft man es dann wirklich, die unsäglichen Schmerzen zu akzeptieren, dann passiert etwas Seltsames. Sie werden kleiner, machtloser, sie spielen keine Rolle mehr - der Körper hat Schmerzen, aber einem selbst geht es dadurch nicht weniger gut. Es ist ein unbeschreiblich befreiendes Gefühl.

Der meditierende Hitchhiker


Insgesamt waren diese 10 Tage eine der intensivsten Erfahrungen, die wir je gemacht haben. Was in einem vorgeht, wenn man sich so eine lange Zeit nur in seinem Kopf befindet und intensivst auf seinen Körper konzentriert ist total krass. Wir hatten beide unabhängig voneinander Schmerzen, Angstzustände, Beklemmmungen aber auch Glücksgefühle, Durchbrüche und Erkenntnisse, mit denen wir nie gerechnet hätten. Die völlige Isolation trägt dazu bei, dass man zeitweise das Gefühl hat, verrückt werden zu können und dann wieder, dass man mehr bei sich ist als je zuvor.

An dieser Stelle möchten wir herausheben, dass dieser Kurs unserer (psychologisch ja nicht unwesentlich vorgebildeten) Meinung nach auf keinen Fall etwas für Jeden ist. Über nicht unberechtigte Kritik hinaus, die Vipassana-Organisation hätte sektenähnliche Züge, birgt so ein Kurs definitiv Risiken für Menschen mit psychologischen (Vor-)Erkrankungen, aber nicht nur diese. Die Meditationszentren verfügen nicht über das nötige Know-How oder die Kapazitäten professionell mit Fällen umzugehen, bei denen nicht alles nach Plan läuft oder auch nur Fragen zu beantworten, die sich außerhalb eines engen Rahmens bewegen. Das Setting ist zudem extrem hart und herausfordernd, die völlige Isolation, in der man diese intensiven Erfahrungen erlebt schwer zu ertragen. Julia würde den Kurs irgendwann wiederholen, Jonathan nicht. Wir beide haben den Kurs aber insgesamt als bereichernd empfunden und meditieren bis heute (einen Monat später) täglich. Ob wir dieses neue Hobby auf Dauer beibehalten, wird sich zeigen. Wenn jemand von den Lesenden Interesse an so einem Kurs hat, sind wir gerne bereit, da nochmal persönlich und mit mehr Tiefe drüber zu sprechen und ggf. bei einer vorsichtigen Abwägung zu helfen.

Zurück in der Wirklichkeit, zurück zur Frömmigkeit

Nach so viel Dhamma-Hall und geistiger Konzentration führt unser Weg zurück ins alltägliche Reisen wieder an den Strand. Mit all diesen aufregenden Fragen und neu gewonnenen Erkenntnissen braucht es Wasser und Sonne, um die Bodenhaftung nicht ganz zu verlieren.

Sonne, Sand, Palmenstrand...




Keine Möglichkeit, eine Pagode zu bauen, sollte in Myanmar ungenutzt bleiben

Während bei Kokosnuss und Palme unsere Zeit in Myanmar so langsam zu Ende kriecht, entscheiden wir uns über die dörfliche Route und mit kulturellem Abstecher zur Tempelstadt Bagan nach Indien zu trampen.

Leicht gesagt und schwer getan, verbringen wir die folgenden Tage zumeist auf der Ladefläche schwankender LKWs, der Sonne mit ihren erbarmungslosen 38°C und aufwirbelndem Staub ausgesetzt. Unsere Freude sind trotz ihrer Rotbezahntheit die freundlichen Gesichter der Dorfbewohner und ihr fantastisches (blumenkohl- und kichererbsenhaltiges) Essen. Die allermeisten Menschen hier leben ohne moderne Kommoditäten in einfachsten Bambushütten; das Wasser kommt von der Handpumpe, deren vorliegende Wasserlache als Pilgerort für frei streunernde Kühe und Schweine dient.

Trampen höchster Komfortstufe

Der Schaffner


Dörfliches Myanmar, seine simplen, staubigen und schönen Seiten


Eine Familie an religiösen Pilgern sammelt uns und gutes Karma auf und gemeinsam fahren wir zu den Tempelanlagen Bagans im zentralen, burmesischen Teil Myanmars. Hinter jeder zweiten Straßenkurve auf unserem Weg wartet eine in die Wildnis gesetzte Pagode (glockenförmiger Tempelturm) auf und jedes noch so bitterlich arme Dorf nennt stolz ein Kloster sein Eigen. Während  wir uns wundern, woher das ganze Geld für die Bauten kommt, fallen uns am Straßenrand aufgestellte Stände auf, die mit laut dröhnender Musik oder Maschinengewehrreden um Aufmerksamkeit werben. Laut scheppernd werden Münzen in Metallschalen geschwungen, um Vorbeireisenden die dringend nötige Finanzspritze für zubauende und  zuerhaltende Pagoden abzupressen.


Wir machen eine kurze Schattenpause bei den obig erwähnten Wegelagerern und religiösen Gewissenserpressern. Wir werden mit kalten Getränken und breiten Lächeln versorgt. Sind doch ganz sympathisch.

Eine Komfortstufe höher ging es dann doch noch


In der Tempelstadt Bagan warten dann ganze 2.000 uralte und mehr oder minder gut erhaltene Pagoden auf uns "Entdecker". Mit ausgeliehenem Motorrad düsen wir durch die ansonsten leere Steppe von Tempel zu Tempel. Bei praller Sonne schauen wir sie uns (fast) alle an: die kleinen Pagoden und die ganz großen, die alten verotteten Klöster und die frisch goldbedachten, die kunstvoll mit Buddha-Bildern geschmückten und die asketisch-strengen.  Da die umliegenden Bambushütten der Erbauer*innen schon seit mehren hundert Jahren der Witterung nachgegeben haben, besteht die Stadtfläche aus einer außeridisch anmutenden Ansammlung mehr oder minder weit von einander entfernter Tempel. Gespenstisch! Aber irgendwie kam bei uns auch die Frage auf, wer denn dachte, dass Pagode Nummer 456 eine sinnvolle und notwendige Ergänzung des spirituellen Lebens bedeuten würde. Und was ist mit den Pagoden 879, 1.134 und 1.742, wer dachte denn, die müssten auch unbedingt noch sein?

Pagodengedränge von Bagan



Wegen des außerordentich trockenen Klimas findet man in Bagan, die zum Teil am besten erhaltenen buddhistischen Wandmalereien Südostasiens. Hier zu sehen, nicht ganz überraschend: Buddha


Um einen tieferen Einblick in die klösterliche Welt und Frömmigkeit Myanmars zu gewinnen, wollten wir unbedingt versuchen, in einem der genutzten Klöster zu schlafen. (Das ist in Mynmar praktischerweise illegal, da Touristen nur in akkreditierten Unterkünften übernachten dürfen). Beim ersten Versuch verscheuchen uns agressives Hundgebell und eine wegwischende Geste eines fies aussehenden Mönches. Ach, der Pfad der Erleuchtung ist lang und mühselig. Beim zweiten Versuch treffen wir einen liebenswürdigen alten Klostervorsteher, der sich Zeit nimmt, uns durch die Anlage herum zu führen, seine Lebensgeschichte zu erzählen und dann auch noch zu bewirten. Wir dürfen für eine Nacht rasten und werden mit Segenswüschen und Broschüren verabschiedet. Ein Besuch, der beide Seiten sehr glücklich gemacht hat.


Klostervorsteher, netter Mönch und unser vorübergehender Gastgeber

Weiter fahren wir per Anhalter, immer weiter bis irgendwann die Straße aufhört und einfach in eine sandige Piste übergeht. Mit 10 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit quälen wir uns die letzten 150 km in die Hügellandschaft der myanmaresisch-indischen Grenze. Mal muss das Kühlwasser gewechselt werden, mal platzt ein Reifen und wir halten wieder für ein-zwei Stunden. Die Aussichten ziehen vorbei und wir ziehen Nutzen aus unserem neugewonnen Gleichmut. Man könnte sich jetzt über die Langsamkeit aufregen oder sie einfach akzeptieren... Alles zieht vorbei. Die Höhe lässt die Temperaturen sinken und irgendwann wartet in einem unscheinbaren Tal das Ende Myanmars und der Beginn Indiens.

Die Fahrt wird bestimmt super


Endlich wieder Berge und etwas frische Luft


Ein Ende ist in Sicht


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