Mongolei: Von Staubstraßen und lebendigen und toten Tieren
Unser neugewonnenes Zeitkonzept des sich mit der Landschaft streckenden und dehnenden Zeitflusses scheint nicht so richtig Früchte zu tragen.
Denn kaum sind wir aus den Tiefen des Nationalparks wieder in der Regionalhauptstadt angekommen, müssen wir uns auch schon wieder sputen, um unseren zweimal verschobenen Workaway-Aufenthalt nicht zu verpassen. Zu unserer Reise gesellt sich also ein nerv- und launetötendes Hintergrundgeräusch: Zeitdruck.
Während wir schnell unsere im Hostel gelagerten Habseligketen packen fällt uns auf, dass einige Sachen fehlen. Wir konfrontieren das Hostelpersonal, aber werden bequemerweise mit Verweis auf mangelnde Sprachkenntnis abgewimmelt. Trotz mehrerer Versuche und Hilfestellung anderer mongolischer Reisender, bleibt es bei einem "Weiß nicht" auf die Frage nach unseren fehlenden Sachen in Verbindung mit offenem Desinteresse. Im Kopf schieben wir dem Gegenüber hässliche Gedanken unter. Wir geben auf, unsere Habseligkeiten zurück zu erhalten, schütteln uns und hoffen, dass die besagten negativen Gedanken nicht zu klebrig sind.
Während wir schnell unsere im Hostel gelagerten Habseligketen packen fällt uns auf, dass einige Sachen fehlen. Wir konfrontieren das Hostelpersonal, aber werden bequemerweise mit Verweis auf mangelnde Sprachkenntnis abgewimmelt. Trotz mehrerer Versuche und Hilfestellung anderer mongolischer Reisender, bleibt es bei einem "Weiß nicht" auf die Frage nach unseren fehlenden Sachen in Verbindung mit offenem Desinteresse. Im Kopf schieben wir dem Gegenüber hässliche Gedanken unter. Wir geben auf, unsere Habseligkeiten zurück zu erhalten, schütteln uns und hoffen, dass die besagten negativen Gedanken nicht zu klebrig sind.
Ein zweites Mal quer durch die Mongolei
Um noch rechzeitig zu unserer Workaway-Gastgeberin zu kommen und trotzdem etwas von der Vielfalt der Mongolei mitzunehmen, schmieden wir den Plan über die waldigere und seenreiche Nordroute zu fahren.Angekommen an der Straße haderte die Praxis aber mal wieder mit der Theorie und wir warten ewig auf eine kostenlose Mitfahrgelegenheit. Endlich kommen wir mit Glück und viel Wanderausdauer an einer Staubstraße an, die Zeit ihres Lebens nicht mehr als 10 Autos gesehen zu haben scheint. Auf unserer Karte sah das noch aus wie die Hauptstraße zwischen zwei gut bevölkerten Provinzhauptstädten. Wir vergleichen unsere analoge Karte mit zwei digitalen Karten, alle drei zeigen etwas unterschiedliche Verläufe und andere größere Ortsnamen, grundsätzlich aber das wir an der richtigen und einzigen Verbindungsstraße stehen. Wir sprechen mit ein paar Einwohnern und aus einigen teilweise widersprüchlichen Fetzen über Transportmöglickeiten ergibt sich langsam ein größeres Bild: Hier fährt niemand lang. Schon gar nicht direkt in die nächste Stadt, da dazwischen ein riesiger Fluss ohne Brücke liegt und man ganz grundsätzlich in seiner Provinz bleibt. Unsere einzige Chance ist mit dem öffentlichen Transport von Dorf zu Dorf bis an die Provinzgrenze zu kommen und dann über den Fluss und die Provinzgrenze ins nächste Dorf zu wandern. Von dort müsste es theoretisch eine Verbindung in die Provinzhauptstadt geben.
Wir zweifeln an unserem Vorhaben und tun, was wir meistens tun, um verabtwortungsbewusst mit schwierigen Entscheidungen umzugehen: wir werfen eine Münze. Die Münze hat gesprochen, nämlich, dass die einsame Staubstraße unser einziger Weg ist. An der Entscheidung der Münze darf man nicht rütteln, das ist der Deal. Also stellen wir uns an die Straße und zählen Staubkörner zur Erde fallen, während in der Ferne Kühe durch die Steppe ziehen.
Mongolische Begegnungen
In der schon schräg stehenden Sonne brummt ein motorradfahrender Hirte an. Eine Szene entsteht, die uns so mit allen Hundert weiteren Hirten des Dorfes widerfährt, da jeder mal einen Blick auf die Fremdlinge werfen möchte. Das Motorrad kommt etwa 2 Meter neben uns zum Stehen und der Fahrer guckt uns schweigend an. Nach 10 Sekunden Schweigen brechen wir das Eis mit einem Gruß. Stille antwortet. Wir wiederholen den Gruß und diesmal kommt ein knapper Gruß zurück, der aber von aufmunterndem Kopfnicken und einem herzlichen Lächeln begleitet wird. Wir sagen, dass wir aus Deutschland kommen und in die nächste Provinzstadt wollen. Ein schweigendes Nicken und noch mehr Starren. Nach ein paar Minuten gegenseitiges Angucken bieten wir etwas von unseren Bonbons an. Der Griff in die Tüte ist beherzt, denn bescheidene Höflichkeit ist der mongolischen Kultur eher fremd und ein Essensangebot muss mindestens mit einem Probieren enden. Weitere stumme und blickverzweigte Minuten vergehen. Sich sattgestarrt wird erneut genickt und der Anlasser betätigt und unser "Gast" braust in die Weiten der Steppe davon, die zwei Außerirdischen auf ihrer Suche nach einem Weg über den Norden zurücklassend...
Als am Abend der öffentliche Verkehr zum nächsten Dorf vollbesetzt an uns vorbeibraust, steigert sich die lästige Melodie des Zeitdrucks zu einem schrillen Stakkato. Noch immer fährt nichts in unsere Richtung und wir sind noch immer etwa 1.500 Kilometer von unserem Ziel entfernt. Die Sonne geht unter und wir beenden unseren Versuch, leise die allmächtige Münze verfluchend. Am nächsten Morgen offenbart sich jedoch derselbigen Weitsicht: Ein Auto hält an und es ist tatsächlich eine dieser Anomalien, die es eigentlich gar nicht geben sollte. Der Fahrer ein Polizist aus Bayan-Ölgii besucht seine Frau und Familie im Dorf über Fluss und Provinzgrenze. Gediegen geht es im Geländewagen anderthalb Stunden durch die Einsamkeit tiefer Schluchten, vorbei an versteckten Wasserquellen und mittendurch durch den viel gefürchteten Fluss. Bei der Ankunft in einem Dorf im Nirgendwo umgeben von Felsen in einem riesigen, leeren Steppenbecken werden wir von der Familie zum Essen in die Jurte eingeladen. Es gibt das Lieblingsessen des Polizisten: Fleisch. Ohne Scherz. So heißt das Gericht und das ist auch die einzige Zutat. Von riesigen Knochen schneidet und reißt unser grinsender Gastgeber Fett- und Fleischstücke und hält uns die besten, ergo fetttriefendsten, Stücke unter die Nase.
Als am Abend der öffentliche Verkehr zum nächsten Dorf vollbesetzt an uns vorbeibraust, steigert sich die lästige Melodie des Zeitdrucks zu einem schrillen Stakkato. Noch immer fährt nichts in unsere Richtung und wir sind noch immer etwa 1.500 Kilometer von unserem Ziel entfernt. Die Sonne geht unter und wir beenden unseren Versuch, leise die allmächtige Münze verfluchend. Am nächsten Morgen offenbart sich jedoch derselbigen Weitsicht: Ein Auto hält an und es ist tatsächlich eine dieser Anomalien, die es eigentlich gar nicht geben sollte. Der Fahrer ein Polizist aus Bayan-Ölgii besucht seine Frau und Familie im Dorf über Fluss und Provinzgrenze. Gediegen geht es im Geländewagen anderthalb Stunden durch die Einsamkeit tiefer Schluchten, vorbei an versteckten Wasserquellen und mittendurch durch den viel gefürchteten Fluss. Bei der Ankunft in einem Dorf im Nirgendwo umgeben von Felsen in einem riesigen, leeren Steppenbecken werden wir von der Familie zum Essen in die Jurte eingeladen. Es gibt das Lieblingsessen des Polizisten: Fleisch. Ohne Scherz. So heißt das Gericht und das ist auch die einzige Zutat. Von riesigen Knochen schneidet und reißt unser grinsender Gastgeber Fett- und Fleischstücke und hält uns die besten, ergo fetttriefendsten, Stücke unter die Nase.
Unangenehme Wende
Nach dem Essen ruft unser Gastgeber einen befreundeten Englisch-Lehrer und Tourguide an, der vorbeikommt und uns unbedingt helfen möchte, einen Transport zur Provinzhauptstadt zu organisieren. Das riecht alles schon etwas verdächtig, denn bisherige Erfahrungen mit insbesondere tourismuserfahrener Hilfe haben uns skeptisch werden lassen. Wir folgen widerwillig zum zentralen Dorfplatz. Was sollen wir auch tun, wir sind mitten im steppigen Nirgendwo und der Mann hat unser Gepäck im Auto...
Auf dem Dorfplatz angekommen, konfrontiert uns der Tourguide mit einer lächerlich hohen Summe, die wir seinem Polizistenfreund für die Mitfahrgelegenheit schulden würden. Wir sind kurz verwirrt, doch nach einer kurzen Verschnaufpause haben wir uns wieder: a) wir sind davon ausgegangen, dass die Fahrt umsonst sei, weil der Polizist die Strecke zu seiner Familie ja eh gefahren wäre (übrigens die Grundidee vom Trampen) b) wir haben gerade zwei Stunden damit verbracht, seine Familie kennenzulernen, Facebookdaten auszutauschen und Selfies zu schießen, da kommt die Wendung doch sehr überraschend c) selbst wenn der Gute für die Fart Geld haben wollte, so verlangt er von uns gerade ca. das Fünffache von dem, was die Strecke wert ist...
Wir sind also bereit, genau dieses Fünftel zu zahlen und versuchen zu erklären, dass wir das doch sehr bedauernswert finden, wenn unser Westlicher-Tourist-Sein dazu führt, dass man meint uns ausnehmen zu können, wie man lustig ist. Der Polizist ist maßlos enttäuscht, aber findet sich irgendwann mit unserem Angebot ab.
Schon entfaltet sich das nächste 'Lass uns die Touris ordentlich ausbeuten'-Drama: ein Transporter nähert sich dem Dorfplatz. Unser nie gewollter Tourguide meint, das sei die EINZIGE Möglichkeit für uns in die Provinzhauptstadt zu kommen und sie fahre jetzt. Die Fahrerin warte schon seit DREI TAGEN auf genügend Kunden für die Fahrt und mit uns seien endlich genug zusammen. Ansonsten gebe es nichts und niemanden. Das alles hört sich schon ziemlich unwahrscheinlich an. Wir fragen die Frau direkt, wie viel die Fahrt kosten soll. Sie schaut uns erst gar nicht an, sondern redet nur mit dem Tourguide, natürlich auf mongolisch, beide lachen. Dann tippt sie eine überteuerte Zahl ins Handy. Wir handeln ein klein wenig runter und stimmen der Fahrt aus diesem Niemandsland zu. Dann ist das Ganze wenigstens bald vorbei.
Eigentlich wollen wir den erst nach Ankunft bezahlen, um nicht wieder in eine Falle zu tappen. Aber unsere Fahrerin droht uns mit einer Aussteiggeste und der Tourguide meint ernsten Gesichts erst kürzlich hätten drei internationale Backpacker die gute Dame um ihre Bezahlung geprellt. Im völligen Nirgendwo, in dem wir gelandet sind, waren in den letzten hundert Jahren keine drei Backpacker, und schon gar nicht welche die sie nicht bezahlt haben.
Am kürzeren Hebel zahlen wir trotzdem vorab. Schnell geht sie zum Tourguide und gibt ihm ein paar Banknoten. Ärger und das Gefühl von Machtlosigkeit macht sich in uns breit. Wir fühlen uns schmutzig.
Als Kirsche auf diesem verrückten Sahnehäubchen stürmt auf einmal eine Frau aus dem kleinen Verkaufsladen nebenan und beschimpft unsere Fahrerin. Die weicht nicht zurück, sondern versucht es mit einem halbherzigen Tritt. Es folgt ein Lamakampf, bei denen beide ordentlich Spucke abbekommen und sich an den Haaren zerren. Die ganze Situation ist so skurril, dass sich bei uns langsam Unwirklichkeitszustände einstellen...
Als die beiden fertig sind, schwingt sich die Fahrerin in den Fahrersitz zieht eine Zigarette aus der Schachtel und lacht. Wir fahren los an die Tankstelle und die anderen Fahrgäste bezahlen - natürlich einen deutlich geringeren Preis. Wütend und trotzig und zugleich resigniert lassen wir uns durch die flache Steppe und über steile Pässe transportieren.
Das Problem mit dieser Episode, ist nicht das Zuvielzahlen an sich (wobei ärgerlich), vielmehr infiltriert ein vergiftender Gedanke unseren Geist. Ist das jetzt wirklich helfend gemeint oder müssen wir aufpassen, nicht abgezogen zu werden. Kommt das Gift in die Blutbahn, gleiten wir in die Paranoia. Aus Zeichen menschlicher Hilfsbereitschaft (Tramper mitnehmen) wird im Handumdrehen ein ungerechtes Geschäftsmodell mit dem Ziel eine Gelegenheit monetär auszunutzen. Überall lauern potentielle Fallen statt Freunde. Stetig muss man sich in Acht nehmen: das genaue Gegenteil von dem, was wir auf unserer sonstigen Reise erfahren und schätzen. Lässt man dieses Gift im Geist, diesen Wechsel zu einer negativen Perspektive zu, wandeln sich zuvor einzigartige Erfahrungen zu Asche im Mund. Die gleiche Realität kann durch eine sehr viel dunklere Brille gesehen werden. Zum Glück ist das zum Teil auch eine Entscheidung. Als wir uns dabei erwischen wie wir wie bockige Kinder auf unseren Sitzen lümmeln, müssen wir fast lachen und legen diese Episode zur Seite.
Auf dem Dorfplatz angekommen, konfrontiert uns der Tourguide mit einer lächerlich hohen Summe, die wir seinem Polizistenfreund für die Mitfahrgelegenheit schulden würden. Wir sind kurz verwirrt, doch nach einer kurzen Verschnaufpause haben wir uns wieder: a) wir sind davon ausgegangen, dass die Fahrt umsonst sei, weil der Polizist die Strecke zu seiner Familie ja eh gefahren wäre (übrigens die Grundidee vom Trampen) b) wir haben gerade zwei Stunden damit verbracht, seine Familie kennenzulernen, Facebookdaten auszutauschen und Selfies zu schießen, da kommt die Wendung doch sehr überraschend c) selbst wenn der Gute für die Fart Geld haben wollte, so verlangt er von uns gerade ca. das Fünffache von dem, was die Strecke wert ist...
Wir sind also bereit, genau dieses Fünftel zu zahlen und versuchen zu erklären, dass wir das doch sehr bedauernswert finden, wenn unser Westlicher-Tourist-Sein dazu führt, dass man meint uns ausnehmen zu können, wie man lustig ist. Der Polizist ist maßlos enttäuscht, aber findet sich irgendwann mit unserem Angebot ab.
Schon entfaltet sich das nächste 'Lass uns die Touris ordentlich ausbeuten'-Drama: ein Transporter nähert sich dem Dorfplatz. Unser nie gewollter Tourguide meint, das sei die EINZIGE Möglichkeit für uns in die Provinzhauptstadt zu kommen und sie fahre jetzt. Die Fahrerin warte schon seit DREI TAGEN auf genügend Kunden für die Fahrt und mit uns seien endlich genug zusammen. Ansonsten gebe es nichts und niemanden. Das alles hört sich schon ziemlich unwahrscheinlich an. Wir fragen die Frau direkt, wie viel die Fahrt kosten soll. Sie schaut uns erst gar nicht an, sondern redet nur mit dem Tourguide, natürlich auf mongolisch, beide lachen. Dann tippt sie eine überteuerte Zahl ins Handy. Wir handeln ein klein wenig runter und stimmen der Fahrt aus diesem Niemandsland zu. Dann ist das Ganze wenigstens bald vorbei.
Eigentlich wollen wir den erst nach Ankunft bezahlen, um nicht wieder in eine Falle zu tappen. Aber unsere Fahrerin droht uns mit einer Aussteiggeste und der Tourguide meint ernsten Gesichts erst kürzlich hätten drei internationale Backpacker die gute Dame um ihre Bezahlung geprellt. Im völligen Nirgendwo, in dem wir gelandet sind, waren in den letzten hundert Jahren keine drei Backpacker, und schon gar nicht welche die sie nicht bezahlt haben.
Am kürzeren Hebel zahlen wir trotzdem vorab. Schnell geht sie zum Tourguide und gibt ihm ein paar Banknoten. Ärger und das Gefühl von Machtlosigkeit macht sich in uns breit. Wir fühlen uns schmutzig.
Als Kirsche auf diesem verrückten Sahnehäubchen stürmt auf einmal eine Frau aus dem kleinen Verkaufsladen nebenan und beschimpft unsere Fahrerin. Die weicht nicht zurück, sondern versucht es mit einem halbherzigen Tritt. Es folgt ein Lamakampf, bei denen beide ordentlich Spucke abbekommen und sich an den Haaren zerren. Die ganze Situation ist so skurril, dass sich bei uns langsam Unwirklichkeitszustände einstellen...
Als die beiden fertig sind, schwingt sich die Fahrerin in den Fahrersitz zieht eine Zigarette aus der Schachtel und lacht. Wir fahren los an die Tankstelle und die anderen Fahrgäste bezahlen - natürlich einen deutlich geringeren Preis. Wütend und trotzig und zugleich resigniert lassen wir uns durch die flache Steppe und über steile Pässe transportieren.
Zu allem Übel ist uns das Auto russischer Produktion unterwegs auch noch mehrach kaputtgegangen. Zum Glück war unsere bad-ass Kämpfer-Fahrerin auch gut im Auto reparieren. #feminism |
Das Problem mit dieser Episode, ist nicht das Zuvielzahlen an sich (wobei ärgerlich), vielmehr infiltriert ein vergiftender Gedanke unseren Geist. Ist das jetzt wirklich helfend gemeint oder müssen wir aufpassen, nicht abgezogen zu werden. Kommt das Gift in die Blutbahn, gleiten wir in die Paranoia. Aus Zeichen menschlicher Hilfsbereitschaft (Tramper mitnehmen) wird im Handumdrehen ein ungerechtes Geschäftsmodell mit dem Ziel eine Gelegenheit monetär auszunutzen. Überall lauern potentielle Fallen statt Freunde. Stetig muss man sich in Acht nehmen: das genaue Gegenteil von dem, was wir auf unserer sonstigen Reise erfahren und schätzen. Lässt man dieses Gift im Geist, diesen Wechsel zu einer negativen Perspektive zu, wandeln sich zuvor einzigartige Erfahrungen zu Asche im Mund. Die gleiche Realität kann durch eine sehr viel dunklere Brille gesehen werden. Zum Glück ist das zum Teil auch eine Entscheidung. Als wir uns dabei erwischen wie wir wie bockige Kinder auf unseren Sitzen lümmeln, müssen wir fast lachen und legen diese Episode zur Seite.
Korrektive Beziehungserfahrungen
Nach einer kurzen Nacht außerhalb der Reichweite heulender Hunde haben wir am nächsten Tag viel mehr Glück. Wir treffen Maidar und seine 3 Kollegen, die auf dem Weg zur Hauptstadt sind. In den Bergen ist der Winter eingebrochen, deshalb wurde die Arbeit in der Goldmine bis zum Frühjahr eingemottet. Jetzt flüchten sie vor drohendem Kälteeinbruch und Wind in ihrem kleinen LKW mit großem Bagger geladen. Für uns zwei extra Passagiere machen sie in in der kleinen Fahrerkabine Platz und quetschen sich zu dritt auf die winzige Rückbank. Für die nächsten zwei Tage quasseln wir mit Maidar mit Händen, Füßen und Brocken von Englisch, während sich der Laster im Karawanentempo über endlose Hügel aus Sand und Dreck windet.
Maidar und seine Kollegen teilen ihren wenigen Platz völlig selbstlos, versorgen uns liebenswert mit Keksen und allerlei Süßkram und sind einfach wunderbar warmherzig. Dies sind die Begegnungen, die uns von dieser Reise für immer in Erinnerung bleiben werden und ihrer sind so viele mehr als die beschriebene obige Episode.
Um noch ein wenig Zeit zu sparen, entscheiden wir uns ab der Stadt Tsetserleg für eine Abkürzung und gegen die Weiterfahrt mit Maidar in die Hauptstadt. In der Nacht werden wir abgesetzt und mit viel Händeschütteln und Glückwünschen verabschiedet. Da es schon dunkel ist und relativ spät, bauen wir unser Zelt trotz kräftigem Wind an einer halbwegs geraden Stelle auf. Kaum haben wir unsere Augen geschlossen, rüttelt der Wind immer heftiger an unseren Zeltstangen. Das ist der Wind mit der Kälte im Gepäck, vor dem Maidar und Kollegen auf der Flucht waren. Er will und will nicht nachlassen, sondern steigert sich zu immer bedrohlicherem ruckartigem Biegen der Zeltstangen. Wir bekommen es mit der Angst zu tun. Widerwillig schälen wir uns aus den Schlafsäcken, packen unsere Sachen zusammen und liefern uns der Kälte aus. Es ist drei Uhr nachts noch drei Stunden bis zum Morgengrauen und wir wandern schweigend und zielos durch die Anfänge der Stadt. Hundegebell von beiden Seiten treibt uns immer wieder in die Mitte der Straße, bis wie aus einem Traum ein Hauseingang auftaucht. Eine grelle Neonröhre bescheint die Eingangstür, die in den Böen des Windes auf und zu klappert. Eine offene Tür ist genau das, was wir brauchen. Ein bisschen Schutz vor Wind und Kälte. Wir schlüpfen hinein, legen uns neben die Heizung im Eingangsbereich und schlummern in Sekundenschnelle ein.
Am Morgen verschwinden wir ungesehen auf die Straße und versuchen erfolglos auf die Abkürzung zu unserem Workaway-Aufenthalt zu kommen. Da die Nacht kurz war und unsere Geduld beschränkt, geben wir bald dem natürlichen Autostrom in Richtung Hauptstadt nach. Das nächste anhaltende Auto verspricht uns für eine kleine Summe bis in die Hauptstadt zu bringen und wir stimmen gedrängt von Wind und Kälte zu. Nach zehn Kilometern biegt das Auto überraschend in die Steppe ab...
Wir protestieren, aber Fahrer und Beifahrer beschwichtigen uns: "Yes, yes! Bus!" und eine Geste in Fahrtrichtung. Unser Beifahrer zieht stolz einen Busführerschein aus dem Portemonné und wiederholt "Bus" und Geste in Fahrtrichtung. Wir haben keine Ahnung, welchen Bus er meint und wohin wir jetzt fahren. Zu müde um unseren Protest aufrechtzuerhalten, lassen wir uns von stärkeren Kräften treiben und erreichen nach anderthalb Stunden ein Dorf im Nirgendwo.
Dort satteln wir um in einen - tadaa - leeren Bus. Während draußen die Welt ein weißes Gewand bekommt, sammeln wir an der Dorfschule 30 Lehrerinnen und einen US-amerikanischen Freiwilligen ein. Freudestrahlend und mit tiefer Zufriedenheit wie über einen gelungenen Scherz werden wir auf der Rückbank zusammengedrückt. Der US-Amerikaner erklärt uns, dass heute ein Ehrentag für die Lehrerinnen ist und es sich bei der Truppe um einen Schulausflug handelt. Schnell wandelt sich die Atmosphäre von einer scheinbar geordneten Klassenfahrt, zu ausgelassenen Tanzeinlagen, Trinksprüchen und Vodakkurzen mit brüllendem Gesang zu Diskobeats. Wir sind im Partybus gelandet! Hehe...
Am späten Abend kommen wir in der Hauptstadt an und ein bisschen überfordert von der lautstarken 1,5 Millionenstadt versuchen wir einen Bus zu finden, der ins Zentrum fährt. Noch abgelenkt von der Suche nach einen Bus Richtung Hostel brauchen wir eine Sekunde bis wir verstehen, dass das Hupen aus dem Auto vor unseren Augen uns meint und von Maidar und Kollegen gefahren wird. Was für ein Zufall!!! Sie winken uns rein und wir lachen über den Zufall und unser Glück, während wir wieder einmal von Maidar gerettet werden.
Maidar und seine Kollegen teilen ihren wenigen Platz völlig selbstlos, versorgen uns liebenswert mit Keksen und allerlei Süßkram und sind einfach wunderbar warmherzig. Dies sind die Begegnungen, die uns von dieser Reise für immer in Erinnerung bleiben werden und ihrer sind so viele mehr als die beschriebene obige Episode.
Im Brummi über mehrere Hundert Kilometer Staubstraße |
Um noch ein wenig Zeit zu sparen, entscheiden wir uns ab der Stadt Tsetserleg für eine Abkürzung und gegen die Weiterfahrt mit Maidar in die Hauptstadt. In der Nacht werden wir abgesetzt und mit viel Händeschütteln und Glückwünschen verabschiedet. Da es schon dunkel ist und relativ spät, bauen wir unser Zelt trotz kräftigem Wind an einer halbwegs geraden Stelle auf. Kaum haben wir unsere Augen geschlossen, rüttelt der Wind immer heftiger an unseren Zeltstangen. Das ist der Wind mit der Kälte im Gepäck, vor dem Maidar und Kollegen auf der Flucht waren. Er will und will nicht nachlassen, sondern steigert sich zu immer bedrohlicherem ruckartigem Biegen der Zeltstangen. Wir bekommen es mit der Angst zu tun. Widerwillig schälen wir uns aus den Schlafsäcken, packen unsere Sachen zusammen und liefern uns der Kälte aus. Es ist drei Uhr nachts noch drei Stunden bis zum Morgengrauen und wir wandern schweigend und zielos durch die Anfänge der Stadt. Hundegebell von beiden Seiten treibt uns immer wieder in die Mitte der Straße, bis wie aus einem Traum ein Hauseingang auftaucht. Eine grelle Neonröhre bescheint die Eingangstür, die in den Böen des Windes auf und zu klappert. Eine offene Tür ist genau das, was wir brauchen. Ein bisschen Schutz vor Wind und Kälte. Wir schlüpfen hinein, legen uns neben die Heizung im Eingangsbereich und schlummern in Sekundenschnelle ein.
Der Wintereinbruch ist uns dicht auf den Fersen |
Am Morgen verschwinden wir ungesehen auf die Straße und versuchen erfolglos auf die Abkürzung zu unserem Workaway-Aufenthalt zu kommen. Da die Nacht kurz war und unsere Geduld beschränkt, geben wir bald dem natürlichen Autostrom in Richtung Hauptstadt nach. Das nächste anhaltende Auto verspricht uns für eine kleine Summe bis in die Hauptstadt zu bringen und wir stimmen gedrängt von Wind und Kälte zu. Nach zehn Kilometern biegt das Auto überraschend in die Steppe ab...
Wir protestieren, aber Fahrer und Beifahrer beschwichtigen uns: "Yes, yes! Bus!" und eine Geste in Fahrtrichtung. Unser Beifahrer zieht stolz einen Busführerschein aus dem Portemonné und wiederholt "Bus" und Geste in Fahrtrichtung. Wir haben keine Ahnung, welchen Bus er meint und wohin wir jetzt fahren. Zu müde um unseren Protest aufrechtzuerhalten, lassen wir uns von stärkeren Kräften treiben und erreichen nach anderthalb Stunden ein Dorf im Nirgendwo.
Dort satteln wir um in einen - tadaa - leeren Bus. Während draußen die Welt ein weißes Gewand bekommt, sammeln wir an der Dorfschule 30 Lehrerinnen und einen US-amerikanischen Freiwilligen ein. Freudestrahlend und mit tiefer Zufriedenheit wie über einen gelungenen Scherz werden wir auf der Rückbank zusammengedrückt. Der US-Amerikaner erklärt uns, dass heute ein Ehrentag für die Lehrerinnen ist und es sich bei der Truppe um einen Schulausflug handelt. Schnell wandelt sich die Atmosphäre von einer scheinbar geordneten Klassenfahrt, zu ausgelassenen Tanzeinlagen, Trinksprüchen und Vodakkurzen mit brüllendem Gesang zu Diskobeats. Wir sind im Partybus gelandet! Hehe...
Am späten Abend kommen wir in der Hauptstadt an und ein bisschen überfordert von der lautstarken 1,5 Millionenstadt versuchen wir einen Bus zu finden, der ins Zentrum fährt. Noch abgelenkt von der Suche nach einen Bus Richtung Hostel brauchen wir eine Sekunde bis wir verstehen, dass das Hupen aus dem Auto vor unseren Augen uns meint und von Maidar und Kollegen gefahren wird. Was für ein Zufall!!! Sie winken uns rein und wir lachen über den Zufall und unser Glück, während wir wieder einmal von Maidar gerettet werden.
Mongolisches Farmleben
Am versprochenen Tag treffen wir endlich auf unsere Workaway-Gastgeberin. Minjee, eine dynamische und handfeste 40-jährige Mongolin, ist das Oberhaupt der Familie und gemeinsam mit ihrem Bruder und seiner Frau unterhält sie eine Rinderfarm von 30 Milchkühen, 80 Fleischkühen, 120 Pferden und 120 Ziegen und Schafen. Vom Zug abgeholt müssen wir auch sofort ran an den Speck bzw. an die Milchkuh und beim Melken helfen.
Da wir nicht lang schnacken sollen, kriegen wir Schemel, Eimer und zwei Schnüre in die Hand gedrückt. Der Rest liegt in unseren Händen. Immer einzeln lassen wir die Kälber aus ihrem Gatter und zu den Mutterkühen. Gierig und durchaus brutal stoßen die Kälber ihre Köpfe in den Euter der Mutter, um den Milchfluss zu stimulieren. Lange Fäden von Spucke triefen aus den Mundwinkeln und die Augen verdrehen sich vor Genuss. Schnell binden wir eine Schnur, um die Mutterkuh (damit die beim Melken nicht wegläuft) und eine Schnur um den muskulösen Hals des Kalbs. Ist die Mutterkuh genügend stimuliert, müssen wir uns mit dem ganzen Körpergewicht gegen das Kalb stemmen und versuchen es außer Reichweite des Euters festzubinden. Störrisch boxt uns das Kalb beiseite, Augen nur auf den himmlischen Nektar gerichtet. Ne, ne, ne, so nicht mein Lieber. Ein neuer Anlauf und diesmal können wir schnell die Schlinge am Pfosten festziehen, bevor es den Euter erreicht. Endlich können wir den Anteil für den Menschen abzapfen. Aber so einfach ist das auch nicht. Mit krampfigen Fingern, drücken und schieben wir die Milch im Euter herum und es will und will nichts aus der Zitze kommen. Endlich macht es Zsssscht und ein kleiner Milchstrahl trifft aufs Blech des Eimers. Gut, dass Minjee da ist, um die meisten Kühe zu melken. Müssten wir uns auf unsere Fähigkeiten verlassen, säh es schwarz aus mit dem Morgenmilchreis.
Haben wir genug von einer Kuh, darf das Kalb wieder ran. Ungerührt schleckt die Mutterkuh während des stürmischen Kopf-Gegen-Euter-Stoßens zärtlich über den Rücken des Kalbs und am Ende liegen beide seelig nebeneinander und wärmen sich mit ihren Körpern.
Da wir nicht lang schnacken sollen, kriegen wir Schemel, Eimer und zwei Schnüre in die Hand gedrückt. Der Rest liegt in unseren Händen. Immer einzeln lassen wir die Kälber aus ihrem Gatter und zu den Mutterkühen. Gierig und durchaus brutal stoßen die Kälber ihre Köpfe in den Euter der Mutter, um den Milchfluss zu stimulieren. Lange Fäden von Spucke triefen aus den Mundwinkeln und die Augen verdrehen sich vor Genuss. Schnell binden wir eine Schnur, um die Mutterkuh (damit die beim Melken nicht wegläuft) und eine Schnur um den muskulösen Hals des Kalbs. Ist die Mutterkuh genügend stimuliert, müssen wir uns mit dem ganzen Körpergewicht gegen das Kalb stemmen und versuchen es außer Reichweite des Euters festzubinden. Störrisch boxt uns das Kalb beiseite, Augen nur auf den himmlischen Nektar gerichtet. Ne, ne, ne, so nicht mein Lieber. Ein neuer Anlauf und diesmal können wir schnell die Schlinge am Pfosten festziehen, bevor es den Euter erreicht. Endlich können wir den Anteil für den Menschen abzapfen. Aber so einfach ist das auch nicht. Mit krampfigen Fingern, drücken und schieben wir die Milch im Euter herum und es will und will nichts aus der Zitze kommen. Endlich macht es Zsssscht und ein kleiner Milchstrahl trifft aufs Blech des Eimers. Gut, dass Minjee da ist, um die meisten Kühe zu melken. Müssten wir uns auf unsere Fähigkeiten verlassen, säh es schwarz aus mit dem Morgenmilchreis.
Minjee: Farmbesitzerin, Managerin, weibliches quasi-Familienoberhaupt, Powerfrau mit überirdischen Kräften und bisher ungesehenen Melkfähigkeiten |
Schlechte Fotoqualität, aber einziger existierender fotografischer Beweis für Julias mindestens genauso schlechten Melkqualitäten |
Haben wir genug von einer Kuh, darf das Kalb wieder ran. Ungerührt schleckt die Mutterkuh während des stürmischen Kopf-Gegen-Euter-Stoßens zärtlich über den Rücken des Kalbs und am Ende liegen beide seelig nebeneinander und wärmen sich mit ihren Körpern.
Für eine Handvoll Heu
In den folgenden Tagen steht harte Arbeit an. Neben dem täglichen Holzhacken, Wasserholen, und bei Sonnenauf- und untergang Melken muss Heu für den Winter eingebracht werden. Das Gras ist schon geschnitten, muss aber erst auf dem Feld zu Heubergen geschichtet und dann nach Hause abtransportiert werden. Von morgens bis zum goldenen Sonnenuntergang stehen wir mit Heugabeln bewaffnet auf dem Feld und tragen Grashälme zusammen. Das ist harte Arbeit, denken wir, und schauen ein bisschen missmutig auf die Blasen unserer Handflächen.
Endlich ist das letzte Feld durchschritten und der letzte Heuberg aufgehäuft; der Abtransport steht an. Mit einem kleinen LKW fahren wir die Heuberge ab, die in der Zwischenzeit abgesunken sind und sich verdichtet haben. Mit einem gezielten Stich der Heugabel in die Mitte des Haufens lässt sich fast der gesamte Heuberg mit nur einem Mal auf den Transporter hieven; dort wird es von einem weiteren Helfer festgetrampelt. Problem ist nur: das 'kleine Heuhäufchen' ist gute 20 bis 30 und mehr Kilo schwer und muss über Kopfhöhe glatt und geordnet auf die Ladefläche geworfen werden. Schon nach den ersten zwei Hieben denken wir, dass man das unmglich über Stunden machen kann. Wir irren. Bald übersteigt das Heu auf dem Transporter die Kopfhöhe und immer höher und mit mehr Anstrengung muss der Heuballen in die Luft gehoben werden, um noch sein Plätzchen auf der Ladefläche zu finden. Als das Heu bis etwa 5 m über den Boden und über alle Seiten des Transporters ragt, ist eine Fuhre fertig. Etwa eine Tonne Heu hat Platz gefunden und 20 weitere sollen noch folgen. Das ist harte Arbeit- denken wir...
Angekommen auf dem Hof beginnt das Abladen. Das ist nun wirklich harte Arbeit! Durch das Trampeln hat sich das Heu extrem stark verdichtet. Mit der Heugabel sticht man in Dauerbeschäftigung in das Heugewusel und zieht mit aller Muskelkraft ein lächerliches Bisschen an Grashalmen aus dem Gemenge. Da ist es schon besser, wenn man die Fuhre einfach Schicht für Schicht abrollt, indem man sich Staub und Gras atmend mit dem ganzen Körpergewicht in die verschränkten Heubahnen wirft. Durchgeschwitzt trotz frostiger Temperaturen beenden wir das Abladen in Nachtes Schwärze. Morgen wartet ein weiterer Tag. Um 21 Uhr fallen wir erschöpft ins Bett und schlafen so tief wie selten zuvor.
(Von den Heuarbeiten gibt es übrigens keine Bilder, da wir keine Kraft mehr gehabt hätten, den Auslöser zu betätigen.)
Selbst als wir beim Tiereschlachten helfen müssen, ist es besser mit den Worten kulturelle Bereicherung und Notwendigkeit beschrieben als mit moralischen Begriffen. Im Dunkeln der Mitternacht (durch die Kälte hält das Fleisch besser) werden die Kühe in den Schlachtschuppen geführt. Der Schwager kommt aus der Nachbarstadt mit seinen Messern vorbei und einen kleinen Stich in die Verbindung Rückenmark-Hirn später liegt die Kuh direkt auf dem Boden. Ein schneller Schnitt um die Kehle zu öffnen und die Kuh gib nur noch ein paar Reflextritte von sich. Nach dem Zucken kommen drei einheimische alte Frauen in den Schuppen (Tod ist ein schlechtes Omen für Frauen - deshalb erst jetzt). Zischelnd und fauchend (mongolisch hört sich doch sehr fremd an) wühlen sie im schmatzenden Innern der Kuh. Die Innereien werden gesondert und der Darm für Würste in gute Portionen geschnitten. Derweil häutet der Schwager die Kuh und zerteilt sie in Verkaufsstücke. Wir sind mittendrin und dürfen helfen. Wir brechen Beine, stapeln Köpfe, entleeren Darmabschnitte - so viel S******- und heben zu fünft den riesigen Kuhmagen aus. Alles, aber auch wirklich alles findet Verwendung und wird verkauft.
Am Ende unseres Aufenthalts stehen auf der Liste toter Tiere: 4 Kühe, 16 Ziegen und 1 Hundewelpe...
Mit den Tieren durchleben wir fast alle Stufen ihres Daseins: vom Aufwachsen mit Milch und Heu bis zum Tod mit Schlachten und Verwerten. Die innere Notwendigkeit, die diesen wiederkehrenden Zyklen anhaftet, gibt dem regelhaften Auf- und Ab eine raue Schönheit.
Unsere letzten Tage fallen zusammen mit dem Abschluss der Saison. Traditionell ist es die Zeit die in diesem Jahr geborenen Fohlen zu brandmarken und vergorene Milch zu Milchvodka zu destillieren. Auch wir enteilen diesen Rhythmen nicht und brauen den käsig-säuerlichen Trunk und lassen uns auf einen Wettkampf mit den Pferden ein. Man muss sich nur sehr sehr lange am Seil hin und her reissen lassen bis das Fohlen eine Verschnaufpause braucht. Dann reißt man ihm die Beine weg und ringt es zu Boden. Schnell wird Brandeisen aus dem Feuer gezogen und die Zugehörigkeit in die Haut gesengt. So viel Spaß der nahe Kontakt mit den Tieren auch macht, es fühlt sich so sinnlos an diese edlen Tiere für ein Zeichen zu malträtieren, dass nur in einer menschlichen Welt Sinn ergibt. Mit diesem Abschluss der Saison ist auch für uns ein Abschluss gekommen. Für uns ist es an der Zeit weiterzuziehen - in hoffentlich wärmere Gebiete.
Doch den überwältigendsten Eindruck hat die Widerstandsfähigkeit der Menschen hinterlassen, die mit innerer Gelassenheit einem harten und arbeitsreichen Leben entgegensehen, das so schon von ihren Vorfahren geführt wurde. Stark und freiheitsliebend hat dieses kleine Völkchen es geschafft, jarhundertealte Traditionen zu wahren durch ein starkes Verbundenheitsgefühl zu ihrem Land, ihrer Geschichte und ihrer Kultur.
Endlich ist das letzte Feld durchschritten und der letzte Heuberg aufgehäuft; der Abtransport steht an. Mit einem kleinen LKW fahren wir die Heuberge ab, die in der Zwischenzeit abgesunken sind und sich verdichtet haben. Mit einem gezielten Stich der Heugabel in die Mitte des Haufens lässt sich fast der gesamte Heuberg mit nur einem Mal auf den Transporter hieven; dort wird es von einem weiteren Helfer festgetrampelt. Problem ist nur: das 'kleine Heuhäufchen' ist gute 20 bis 30 und mehr Kilo schwer und muss über Kopfhöhe glatt und geordnet auf die Ladefläche geworfen werden. Schon nach den ersten zwei Hieben denken wir, dass man das unmglich über Stunden machen kann. Wir irren. Bald übersteigt das Heu auf dem Transporter die Kopfhöhe und immer höher und mit mehr Anstrengung muss der Heuballen in die Luft gehoben werden, um noch sein Plätzchen auf der Ladefläche zu finden. Als das Heu bis etwa 5 m über den Boden und über alle Seiten des Transporters ragt, ist eine Fuhre fertig. Etwa eine Tonne Heu hat Platz gefunden und 20 weitere sollen noch folgen. Das ist harte Arbeit- denken wir...
Angekommen auf dem Hof beginnt das Abladen. Das ist nun wirklich harte Arbeit! Durch das Trampeln hat sich das Heu extrem stark verdichtet. Mit der Heugabel sticht man in Dauerbeschäftigung in das Heugewusel und zieht mit aller Muskelkraft ein lächerliches Bisschen an Grashalmen aus dem Gemenge. Da ist es schon besser, wenn man die Fuhre einfach Schicht für Schicht abrollt, indem man sich Staub und Gras atmend mit dem ganzen Körpergewicht in die verschränkten Heubahnen wirft. Durchgeschwitzt trotz frostiger Temperaturen beenden wir das Abladen in Nachtes Schwärze. Morgen wartet ein weiterer Tag. Um 21 Uhr fallen wir erschöpft ins Bett und schlafen so tief wie selten zuvor.
(Von den Heuarbeiten gibt es übrigens keine Bilder, da wir keine Kraft mehr gehabt hätten, den Auslöser zu betätigen.)
Das Gefühl von Ankommen
Trotz heftigster Muskelschmerzen, die mit den Tagen nicht besser werden, genießen wir unseren Aufenthalt auf der Farm so sehr, dass wir dort fast drei Wochen verbringen. Das erste Mal seit sehr langer Zeit spüren wir ausgedehnte Ruhe und Konstanz in unserem Alltag. Es fühlt sich einfach gut an: gebraucht werden, einer direkten, zielführenden Tätigkeit mit den Händen nachgehen, bodenständiger Sinn im Leben. Es liegt eine Menge Ruhe in diesem analogen Leben. Außerdem treffen wir hier nach lange Abstinenz auf gleichgesinnte Langzeitreisende mit denen wir angenehme Stunden beim Kartenspielen, Gesprächen und Zusammenarbeiten verbringen.Gemeinsamer freier Tag |
Selbst als wir beim Tiereschlachten helfen müssen, ist es besser mit den Worten kulturelle Bereicherung und Notwendigkeit beschrieben als mit moralischen Begriffen. Im Dunkeln der Mitternacht (durch die Kälte hält das Fleisch besser) werden die Kühe in den Schlachtschuppen geführt. Der Schwager kommt aus der Nachbarstadt mit seinen Messern vorbei und einen kleinen Stich in die Verbindung Rückenmark-Hirn später liegt die Kuh direkt auf dem Boden. Ein schneller Schnitt um die Kehle zu öffnen und die Kuh gib nur noch ein paar Reflextritte von sich. Nach dem Zucken kommen drei einheimische alte Frauen in den Schuppen (Tod ist ein schlechtes Omen für Frauen - deshalb erst jetzt). Zischelnd und fauchend (mongolisch hört sich doch sehr fremd an) wühlen sie im schmatzenden Innern der Kuh. Die Innereien werden gesondert und der Darm für Würste in gute Portionen geschnitten. Derweil häutet der Schwager die Kuh und zerteilt sie in Verkaufsstücke. Wir sind mittendrin und dürfen helfen. Wir brechen Beine, stapeln Köpfe, entleeren Darmabschnitte - so viel S******- und heben zu fünft den riesigen Kuhmagen aus. Alles, aber auch wirklich alles findet Verwendung und wird verkauft.
Am Ende unseres Aufenthalts stehen auf der Liste toter Tiere: 4 Kühe, 16 Ziegen und 1 Hundewelpe...
16 Ziegenböcke auf einem Laster - sie alle haben den Tag leider nicht überlebt |
Gemeinsames Mägen- und Gedärmeausleeren |
Mit den Tieren durchleben wir fast alle Stufen ihres Daseins: vom Aufwachsen mit Milch und Heu bis zum Tod mit Schlachten und Verwerten. Die innere Notwendigkeit, die diesen wiederkehrenden Zyklen anhaftet, gibt dem regelhaften Auf- und Ab eine raue Schönheit.
Unsere letzten Tage fallen zusammen mit dem Abschluss der Saison. Traditionell ist es die Zeit die in diesem Jahr geborenen Fohlen zu brandmarken und vergorene Milch zu Milchvodka zu destillieren. Auch wir enteilen diesen Rhythmen nicht und brauen den käsig-säuerlichen Trunk und lassen uns auf einen Wettkampf mit den Pferden ein. Man muss sich nur sehr sehr lange am Seil hin und her reissen lassen bis das Fohlen eine Verschnaufpause braucht. Dann reißt man ihm die Beine weg und ringt es zu Boden. Schnell wird Brandeisen aus dem Feuer gezogen und die Zugehörigkeit in die Haut gesengt. So viel Spaß der nahe Kontakt mit den Tieren auch macht, es fühlt sich so sinnlos an diese edlen Tiere für ein Zeichen zu malträtieren, dass nur in einer menschlichen Welt Sinn ergibt. Mit diesem Abschluss der Saison ist auch für uns ein Abschluss gekommen. Für uns ist es an der Zeit weiterzuziehen - in hoffentlich wärmere Gebiete.
Edle Tiere |
Spannung in den Muskeln und Gesichtern |
Aua! Zum Glück dauert das Brennen nur einige Sekunden |
Abschlussgedanken
Die Mongolei war in jeglicher Hinsicht eine intensive Zeit, in der uns Einiges abverlangt wurde. Die raue, unerbittliche, doch in ihrer Rauheit wunderschöne und fast außerirdische Landschaft hat uns immer wieder das Gefühl gegeben, außerhalb von Zeit und Raum zu sein.Doch den überwältigendsten Eindruck hat die Widerstandsfähigkeit der Menschen hinterlassen, die mit innerer Gelassenheit einem harten und arbeitsreichen Leben entgegensehen, das so schon von ihren Vorfahren geführt wurde. Stark und freiheitsliebend hat dieses kleine Völkchen es geschafft, jarhundertealte Traditionen zu wahren durch ein starkes Verbundenheitsgefühl zu ihrem Land, ihrer Geschichte und ihrer Kultur.
Unser letztes Frühstück in der Mongolei, zu Hause bei einer Familie, die uns ein warmes Plätzchen für die Nacht geboten hat. |
Kommentare
Kommentar veröffentlichen